Es ist ein vielfältiges Haus, das Annemie Vanackere seit September 2012 als Intendantin und Geschäftsführerin leitet. Tanz, Musik und Theater haben im HAU, dem Hebbel am Ufer, einen festen Platz, freie Gruppen spielen in den drei Häusern, es gibt viele internationale Koproduktionen. Im Gespräch mit Mitgliedern des Kulturforums Stadt Berlin der Sozialdemokratie stellte Annemie Vanackere das Konzept und die Arbeit im HAU vor.
Das Programm ist vielfältig und immer wieder überraschend. „Ein bisschen Sinn für Abenteuer muss man mitbringen“, sagt die Belgierin Annemie Vanackere, die zuvor ein Theater in Rotterdam leitete. Dort gebe es die Berliner Tradition der Stadttheater mit festen Ensembles nicht, berichtete sie. Auch in Berlin führt sie nun – in der Nachfolge von Matthias Lilienthal – ein interdisziplinäres Haus ohne Ensemble. Für die freien Gruppen der Stadt ist das HA eine „Anker-Institution“, für die internationalen Produktionen ein wichtigen Partner, um künstlerische Projekte auch unter schwierigen politischen Bedingungen zu realisieren. Der Umgang mit Machtlosigkeit ist ein solches Thema, es gibt aber auch geographische Schwerpunkte, wie sie etwa mit Gruppen aus Bukarest gesetzt wurden.
Drei Spielstätten stehen für die künstlerische Arbeit zur Verfügung. Das HAU 1 in der Stresemannstraße nutzt das alte, 1908 von Oskar Kaufmann im Jugendstil errichtete alte Theatergebäude des Hebbel-Theaters, ein klassischer Bau mit Drehbühne und bis zu 800 Plätzen. Das HAU 2 am Halleschen Ufer ist in den Räumen zu Hause, in denen in den sechziger und siebziger Jahren die Schaubühne unter der künstlerischen Leitung von Peter Stein zu einer international beachteten Institution wurde. Errichtet worden war der Bau als Mehrzwecksaal der Arbeiterwohlfahrt, die ihren Landesverband im Nebenhaus hatte. 230 Plätze hat das Theater. Da das HAU 2 keine direkten Anwohner hat, ist es auch für abendliche Musikveranstaltungen geeignet. Das HAU 3, auf der gegenüberliegenden Seite des Landwehrkanals, bietet neben einer Bühne drei fast immer genutzte Proberäume.
Die Technik in den Häusern ist auf dem neuesten Stand, so Robert Gather, Referent der Künstlerischen Leitung und Geschäftsführung, der die Mitglieder und Freunde des Kulturforums durch das HAU 2 führte. Allerdings habe die Firma, die das Steuerpult des HAU 2 geliefert hat, inzwischen Konkurs angemeldet, einige Funktionen müssen nun manuell gesteuert werden.
Im vergangenen Jahr wurden die finanziellen Mittel im Kulturhaushalt aufgestockt, u.a. um das Festival „Tanz im August“ besser auszustatten. Eine Anerkennung auch für die bisher geleistete Arbeit. Die Tanzproduktionen im HAU haben ihr eigenes Publikum, im Idealfall aber gibt es Überschneidungen mit dem Publikum anderer Aufführungen.
Inzwischen gibt es Inszenierungen, die in größeren zeitlichen Abständen immer wieder auf den Spielplan kommen, um dann ein neues, jüngeres Publikum zu finden. Das HAU bietet damit ein Repertoire und etabliert sich als Marke für ein spannendes und demokratisches Theater, das allen Interessierten Zugang bietet. Das zeigte auch die Aufführung „Gala“ von Jérome Bel, die vom Kulturforum im Anschluss an das Gespräch besucht wurde. Denn auf der Bühne waren nicht nur professionelle Tänzerinnen und Tänzer zu sehen, sondern viele Amateurinnen und Amateure unterschiedlichen Alters, die zeigten, wieviel Freude Tanz und gemeinsame Bewegung bereiten kann – selbst im Rollstuhl. Ulrich Horb